Werkstattgespräch mit Filmpionierinnen
Regisseurinnen, Drehbuchautorinnen,
Filmeditorinnen, Kamerafrauen, Ausstatterinnen haben wie
viele andere weibliche Filmschaffende das österreichische
Kino und Fernsehen immer schon geprägt. Und doch müssen
Filminteressierte ihre Namen und auch ihre Filme Generation
für Generation wieder neu entdecken – eine kontinuierliche
Kanonisierung fehlt. Wir holen viele dieser Filmpionierinnen
in einer Reihe von ausführlichen Werkstattgesprächen auf die
Bühne, zeigen einzelne Filme vorab und sprechen einen Abend
lang ausführlich über Leben und Werk. (Wilbirg
Brainin-Donnenberg, Julia Pühringer)
Uli Fessler studierte Bühnenbild und Kostüm bei Otto
Niedermoser und später in der Klasse von Elli Rolf. Sie war
ab den späten 1970er Jahren bei mehr als 100 Kino- und
TV-Produktionen für das Kostümbild verantwortlich, u.a. bei
Einstweilen wird es Mittag (Karin Brandauer, 1988),
Lebenslinien I–III (Käthe Kratz, 1983), Das
Rauhe Leben (Heide Pils, 1986) sowie bei
Fernsehserien wie Tatort oder Soko Kitzbühel.
Nach Vorführung des Films Einstweilen wird es
Mittag (1988, Karin Brandauer)
wird Uli Fessler in diesem
Werkstattgespräch mit Kostümbildnerin Monika
Buttinger (u.a. Eismayer, 2022; Corsage,
2022; Rubikon, 2022) über die Herausforderungen
und Möglichkeiten dieses Gewerkes sprechen. Moderation:
Julia Pühringer
Idee: Julia Pühringer, Konzept und Umsetzung:
Wilbirg Brainin-Donnenberg und Julia Pühringer, in
Kooperation mit FC GLORIA Frauen Vernetzung Film &
Kunstuniversität Linz
SY 2022, 103 min, OmU, R: Soudade Kaadan
Im einst lebensfrohen Damaskus lebt Zeina mit ihren Eltern in einem zerbombten Viertel. Die Mutter will weg, ihr Vater jedoch ist entschlossen zu bleiben. Als eine Bombe ein Loch in die Decke reißt, öffnen sich für Zeina neue Perspektiven. Ein Gleichnis der Hoffnung und Frauensolidarität gegen den Krieg. Mit zärtlichem und gleichzeitig amüsiertem Blick erzählt Soudade Kaadan vom emanzipatorischen Weg einer jungen Frau und ihrer Mutter aus dem Wahnsinn der Männer heraus. In einem geschlossenen Raum, der sich zum Himmel, den Sternen in Richtung Meer öffnet, beweist die syrische Filmemacherin ein ausgeprägtes Gespür für Poesie und traumwandlerische Szenen.
*1979 in Frankreich. Studierte Theaterkritik in Damaskus und Film in Beirut. Ihr erster Spielfilm THE DAY I LOST MY SHADOW wurde an den Internationalen Filmfestspielen von Venedig 2018 mit dem Lion of The Future für das beste Debüt und beim LA Film Festival mit dem Preis der Jury für die Regie ausgezeichnet.
GR/GB 2023, 91 min, OmU, R: Molly Manning Walker
Sonne, Party und Sex: Mehr interessiert die Teenager Tara, Em und Skye während ihres ersten Mädelstrips nicht. Mit wilden Clubnächten, jeder Menge Drinks und heißen Partyspielen soll ihr gemeinsamer Sommerurlaub auf Kreta der beste ihres Lebens werden. In ihrem kraftvollen Langfilmdebüt HOW TO HAVE SEX richtet die Regisseurin Molly Manning Walker ihren nuancierten Blick auf die Herausforderungen jugendlicher Sexualität. Mit subtiler Finesse erforscht die Filmemacherin die ernste Frage des gegenseitigen Einverständnisses, ohne dabei auf Klischees des Erwachsenwerdens zurückzugreifen. Die drei Protagonistinnen, die gestärkt aus ihren Erlebnissen hervorgehen, werden von großartigen Nachwuchstalenten verkörpert, allen voran von Mia McKenna Bruce („The Witcher“).
*1993, in London ansässige Kamerafrau, Regisseurin und Absolventin des NFTS. Sie ist vor allem für ihren Kurzfilm GOOD THANK, YOU? aus dem Jahr 2020 bekannt, der auf der internationalen Kritikerwoche in Cannes ausgewählt wurde. Ihr Langfilmdebut HOW TO HAVE SEX ist Preisträgerfilm in der Sektion Un Certain Regard bei den Filmfestspielen 2023 von Cannes.
BE/FR 2023, 68 min, OmenglU, R: Faustine Cros
Viele Jahre lang filmte der Vater der Regisseurin den Alltag seiner Familie. Die Geburt der Tochter, die ersten Schritte des Sohnes und immer wieder Valérie, die junge Mutter. Viele Stunden Videomaterial aus einer vermeintlich „glücklichen Familie“, das sich die inzwischen erwachsene Tochter aneignet, um eine ganz andere Geschichte zu erzählen: die einer Frau, die ihren Beruf für ihre Rolle als Mutter aufgegeben hat, und zusehends entschwindet.
*1988, Absolventin für Editing an der INSAS (Belgien). In ihren Arbeiten spielt sie mit hybriden Formen. Ihr Abschlussfilm „La Détesteuse“ wurde auf mehreren Festivals ausgezeichnet. Mit UNE VIE COMME UNE AUTRE war sie zu Gast bei Crossing Europe 2023. UNE VIE COMME UNE AUTRE wurde beim Festival DOK Leipzig ausgezeichnet.
#metoo und was dann?
Im Herbst 2017 wurden dank dem Hashtag #metoo sexualisierter
Machtmissbrauch und Machtmissbrauch weltweit zum Thema. Wie
ist der Stand der Dinge sechs Jahre später? Alle Probleme
gelöst? Wir sind weit davon entfernt.
Erst diesen Sommer hat es im Bereich Film, Clubs und Musik
erneut laut gekracht. Was hat sich inzwischen geändert? Welche
Mechanismen gibt es inzwischen gegen Übergriffe? Welche
Schieflagen sind noch immer dieselben? Welche Konsequenzen hat
Machtmissbrauch für Berufszweige, Medien und Institutionen?
Wessen Karrieren werden letztlich „gecancelt“ – die der Täter,
oder die der Betroffenen?
Was fehlt? Welche grundlegenden Veränderungen im System,
welche der Haltung, um mögliche Übergriffe zu verhindern und
Betroffene zu stärken? Und vor allem: Welche
Ausschlussmechanismen fördern Machtmissbrauch?
ES DISKUTIEREN
Mag*. Clara Gallistl (dey/deren)
Geschäftsführung vera* - Vertrauensstelle gegen
Machtmissbrauch, Belästigung und Gewalt in Kunst und Kultur
Miriam Hie (sie/ihr)
Schauspielerin, Kabarettistin, Autorin, Moderatorin
Gitti Vasicek (sie/ihr)
Vizerektorin der Kunstuniversität Linz, Künstlerin und
Aktivistin
Moderation: Julia Pühringer, Journalistin und
Filmkritikerin
FR 2023, 168 min, OmU, R: Claire Simon
Mit behutsamem Blick schaut sich Claire Simon in ihrem
beeindruckenden Dokumentarfilm in einer gynäkologischen Klinik
in Paris um; sie trägt Szenen von Geburten und Krebsdiagnosen,
von Beratungsgesprächen zu Endometriose und zur Hormontherapie
für eine ältere trans Frau zusammen. Was dabei entsteht, ist
ein zunächst beobachtender, später immer persönlicherer Film
über das, was es bedeutet, in einem weiblichen Körper zu
leben, und zugleich ein wunderbares Beispiel für die Stärke
dokumentarischen Kinos. NOTRE CORPS bündelt Erfahrungen, von
denen man glaubt, man sei damit alleine; er macht Strukturen
sichtbar, wo man Nöte für individuell hält; er legt dar, wie
sehr Dinge, über die man sich nicht zu sprechen traut, eine
gesellschaftliche Dimension haben und diskutiert werden
müssen.
CLAIRE SIMON
*1955 in London. Sie arbeitete zunächst als Editorin und
drehte mehrere Kurz- und Dokumentarfilme, bevor sie 1997 ihren
ersten abendfüllenden Spielfilm SINON, OUI realisierte. Neben
ihrer Tätigkeit als Regisseurin und Drehbuchautorin arbeitet
Claire Simon auch als Kamerafrau und als Schauspielerin.
DE/AT 2016, 70 min, OdF, R: Sandra Wollner
Das unmögliche Bild von Sandra Wollner erzählt die Geschichte der 13-jährigen Johanna, die im Wien der Nachkriegszeit aufwächst. Nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters dokumentiert sie das Leben ihrer Familie mit einer Super-8-Kamera. Der Film gibt intime Einblicke in den Alltag und die Geheimnisse einer scheinbar gewöhnlichen Familie und spielt dabei mit den Grenzen zwischen Erinnerung, Fantasie und Realität.
*1983 in der Steiermark, Österreich.
Neben ihrem Studium der Theater-, Film- und
Medienwissenschaften arbeitete sie als Editorin und
Regisseurin verschiedener Formate, später leitete sie die
Postproduktion einer Wiener Produktionsfirma, während sie an
eigenfinanzierten Projekten arbeitete. Sandra Wollner
studierte ab 2012 Regie für Dokumentarfilm an der Filmakademie
Baden-Württemberg. DAS UNMÖGLICHE BILD war ihr erster
Langspielfilm.
FIFTITU% setzt sich seit über 25 Jahren konsequent für
bessere Bedingungen im Kunst- und Kulturbereich für Frauen,
Lesben, Inter, Nicht-binäre, Trans und Agender Personen ein.
Als offener und innovativer Verein schließt FIFTITU% die Lücke
zwischen feministischer Regionalkultur, Gegenwartskunst und
innovativen digitalen Vorhaben. Die Einbeziehung aktueller
ortsspezifischer Kulturarbeit und prozessorientierte
Kooperationen spielen dabei eine wesentliche Rolle.
GE/CH 2023, 110 min, OmU, R: Elene Naveriani
Die 48-jährige Ethéro lebt in einem kleinen Dorf in Georgien und wollte nie heiraten, was im Dorf auf wenig Verständnis stößt. Als sie sich in den Lieferanten Murman verliebt, stellt sie vor eine schwierige Entscheidung: Will sie eine Beziehung eingehen oder ihr unabhängiges Leben fortführen? Elene Naveriani erzählt charmant die Geschichte einer außergewöhnlichen Protagonistin und zeigt mit kritischem Blick den unter der Oberfläche dahin plätschernden Sexismus, wie er nicht nur in kleinen georgischen Dörfern gängig ist.
* 1985 in Tbilisi ist eine in der Schweiz wohnhafte georgische Filmregie- und -autorenperson. Elene Naveriani studierte ursprünglich Malerei an der Staatsakademie in Tibilisi; 2011 erhielt Elene den Master in Critical Curatorial Cybermedia. Es folgte das Bachelorstudium in Film an der HEAD Genf, mit Abschluss 2014. Nach I AM TRULY A DROP OF SUN ON EARTH und WET SAND folgt BLACKBIRD BLACKBIRD BLACKBERRY als dritter langer Spielfilm.
FR 2022, 116 min, OmenglU, R: Léonor Serraille
In den späten 1980er Jahren wandert Rose mit ihren beiden jungen Söhnen von der Elfenbeinküste nach Paris aus. Der Film folgt der Familie von der Vorstadt, wo sie anfangs mit ihrer Schwester beengt lebt über 20 Jahre bis in die Normandie, wo sie sich ein neues Leben aufbaut. Eine Chronik über eine Familie die zusammenwächst, aber auch auseinanderzubrechen droht. Léonor Serrailles zweiter Spielfilm ist ein bewegendes, generationenübergreifendes Porträt, in dem die Entscheidungen einzelner tiefgreifende Auswirkungen auf alle haben.
*1986, Frankreich ist eine Autorin und Regisseurin aus Lyon. Sie hat einen Master-Abschluss in allgemeiner und vergleichender Literatur von der Universität Sorbonne-Nouvelle. Ihr Debütfilm JEUNE FEMME wurde von der Kritik hoch gelobt und gewann mehrere internationale Preise.
Frauen und ihre Erzählungen in der männerdominierten Filmbranche sichtbar machen, das will die Kooperation des Frauenbüros der Stadt Linz und des Moviemento. Denn Filme spiegeln nicht nur die Gesellschaft wider, in der sie entstehen, sie schaffen mit ihren Bildern auch einen veränderten Blick auf unsere Welt – genau wie die ausgewählten Filme des diesjährigen Programmes. Wir wünschen dabei – und bei der neuen Betrachtung der Welt – viel Vergnügen!
»Die ausgewählten Filme eröffnen verschiedene Perspektiven auf
das Leben von Frauen. Ich wünsche allen BesucherInnen
interessante und spannende Frau.Macht.Film-Tage.« –
Frauenstadträtin Mag.a Eva Schobesberger
Eine Initiative von Frauenstadträtin Mag.a Eva Schobesberger